3
Feb
2011

Jethro Tull - Too old to rock'n'roll, too young to die



Noch ist es nicht lange her, da habe ich ständig Konzertprogramme abgegrast. Wenn irgendjemand, den ich nur ein bisschen mochte, in meiner Nähe spielte, ging ich hin. Ich nahm viel auf mich. Schlafen in Schlammpfützen, mehrere Tage unterwegs, ohne Dusche, warmes Bett oder anständige Mahlzeit. Hinz und Kunz hat mich von A nach B gefahren. Manche Nächte habe ich durchgefeiert und Tage durchgeschlafen. Ich hatte viel Freude und auch Leid.

Nach mittlerweilen etwa 500 Konzerten - immer vorne, immer im Moshpit - mag ich nicht mehr. Ich kann kaum noch headbangen. Mein Nacken macht es nicht mehr mit. Meine Stimme verliere ich bereits nach den ersten paar mitgeschrienen Takten und sie kehrt erst Tage später zurück, wenn überhaupt. Meine Ohren pfeifen, seit Kid Rock (Hammerkonzert!!!) pfeift mein linkes Ohr fast immer. Ich wusste es vorher, dass ich diesen Preis eines Tages zahlen werde, aber ich konnte trotzdem nicht aufhören. Es war eine gute Zeit, aber sie ist definitiv vorbei.

Ich würde eigentlich so gerne am Samstag ans Konzert von Offshore - meinen momentanen Lieblingsrockern. Leider beginnt das Konzert erst um Mitternacht und findet am Ende der Welt statt. Es wäre sicher eine coole Party in der Kulturfabrik in Lyss, aber ich schaffe das nicht. Wie soll ich bloss bis um Mitternacht wach bleiben? Und was, wenn es wieder ist, wie letztes Jahr im Gaskessel und es gibt KEINE Möglichkeit, sich hinzusetzen? Ich kann nicht mehr 3 Stunden einfach so stehen, ohne dass ich Rückenschmerzen kriege. Und am Montag muss ich wieder zur Arbeit. Wie? ohne den Schlaf von Samstagnacht werde ich montags keineswegs in der Lage sein auch nur einen Finger aus dem Bett zu kriegen. Geschweige denn aus der Wohnung, aus dem Haus, raus in die gefrorene reale Welt. Ich habe aber auch keine Überzeit, die ich einziehen könnte am Montag und Blaumachen steht nicht zur Diskussion, das macht man einfach nicht. Punkt. Und somit muss ich am Samstag halt einfach absagen. Ich habe keinen Bock mehr den Komfort meiner schönen warmen Wohnung aufzugeben für ein paar Stunden Rockparty mit Menschen, die 15 Jahre und mehr jünger sind als ich. Zudem ertrage ich die vielen Betrunkenen nicht, die an allen Anlässen ab 20 Uhr herumtorkeln und einem auf die Nerven gehen und dann darf man nicht mal rauchen. Nö, die Zeiten sind vorbei.

Und ganz bestimmt gehe ich nicht mehr in ein Konzert und suche mir einen Sitzplatz hinten, wo die Rentner immer hocken. Wenn der Moshpit nicht drinliegt, kann mir das ganze Konzert gestohlen bleiben. Da bin ich ja nachher noch schlechter drauf als vorher, wenn ich nicht mehr so richtig die Sau rauslassen kann. Und die Rentner ertragen es ja nicht, wenn nebenan wer auf dem Stuhl rumruckelt. Und dann darf man nicht mal mehr rauchen!!! An einem Rockkonzert!!!

Daher muss ich jetzt den Song von Jethro Tull laut mitsingen. Seit 25 Jahren kenn ich den und ich hätte nicht geglaubt, dass er so schnell zu mir passen wird. Aber es ist definitiv soweit. Bereits der Gedanke an junge Leute, die Party machen um mich herum, macht mich völlig fertig, ja erschöpft mich geradezu.

Trotzdem ist noch nicht die Zeit zu sterben, dafür bin ich auch zu jung, wie es Jethro Tull auch besingen. Deshalb gehe ich im März noch mal an die türkische Riviera, dahin wo unverheiratete oder geschiedene über 40-jährige halt hingehen. Dahin, wo die jungen Kerle einem noch ein Kompliment machen - für ein paar Euronen zumindest. Kaufe ich mir halt die Freude. :-) Geht ja nicht mehr anders.

Ich bin zu alt zum rocken, aber noch zu jung zum sterben. Ist es nicht traurig?
Parker (Gast) - 3. Feb, 12:02

Boaahh, und das aus deinem Munde... dabei hab ich, als ich das gelesen habe, sofort an dich gedacht: http://www.spiegel.de/reise/fernweh/0,1518,723965,00.html

Rockhound - 3. Feb, 14:15

Also, ich hab ja schon mal ein Jahr lang auf einem Schiff gelebt und auf dem Schiff kann man KEINEN Urlaub machen. Es ist eher so wie Knast. Die Freiheit ist nämlich nur scheinbar, denn ohne Boot wärste aufgeschmissen. Dann mit besoffenen Rockern auf so einem Teil eingesperrt, das hätte ich auch vor 10 Jahren schon abgelehnt. ;-)

Nö, aber es ist wirklich so, dass ich die Kraft nicht mehr habe, so abzugehen wie früher und ohne das, ist es einfach nicht mehr dasselbe. Kommt dazu, dass man NIRGENDS MEHR RAUCHEN DARF! Daher bin ich am liebsten daheim, ein warmes Plätzchen für den einsamen Raucher. :-)

Aber vielen Dank für den Link, das war mal anderes! (Gibt ja doch noch normale Menschen auf der Welt, die normale Musik hören und sich mit normalen Dingen beschäftigen im Urlaub!)
nömix - 3. Feb, 12:32

    »Natürlich ist Altwerden kein reines Vergnügen.
    Aber denken Sie mal an die einzige Alternative.«
sagte Robert Lembke. (Habs selber auch mit dem Alter: wenn ich heutzutags abends ausgehe, dann komm ich mittlerweile zu einer Zeit heim wo ich früher grad erst von daheim weggegangen wäre ;)
Kaum zu glauben, dass der grandiose alte Flöten-Derwisch immer noch spielt: seit über 40 Jahren auf der Bühne. Aqualung war die erste (!) eigene LP, die ich mir seinerzeit selber gekauft hab.

Rockhound - 3. Feb, 14:20

Ja, der Vorteil am Alter ist auch, dass man mehr weiss, mehr kennt, Sachen von früher erzählen kann, gelassener nach vorne schaut (soo lange kann's ja nimmer dauern) und wie ein Erwachsener behandelt wird. So kennt man auch Jethro Tull.

Vor 25 Jahren, als ich grade in der Ausbildung war, lief der Alterssong von Jethro Tull immer in der Mittagspause in der Kneipe. Damals hab ich's kaum glauben können, dass man sich je zu alt fühlt für den Rock'n'Roll. Etwas später war ich am 25-Jahre-Jubiläumskonzert von Jethro Tull, die waren damals schon alt und es gibt sie immer noch. :-) Auf "a little light music" sagt Ian Anderson nach einem Song zum Publikum: Thank you very much, you are very kind, very understanding and very tolerand and we are so old!

Ich hadere auch nicht wirklich mit dem Schicksal, denn ich hatte wirklich eine gute Zeit und ich vermisse die Grossveranstaltungen nicht wirklich. Höchstens das Rumtoben, aber nur, bis ich's mal wieder ausprobiere und dann höre ich schnell wieder auf damit. Es ist darum nicht soo schlimm. Ich frage mich nur, wie ich meine freie Zeit und das verdiente Geld künftig ausgeben werde, denn ich habe ja noch viel Zeit vor mir.
turntable - 6. Feb, 17:57

also zum schutz des gehörs verwende ich seit jahren gehörschutz, denn ich habe auch bereits leichte schäden davongetragen. der nacken ist aber noch in ordnung;-)
heute geht es noch zu Thin Lizzy - mal sehen was der körper hergibt:-)
grüße

Rockhound - 6. Feb, 19:01

Ich hasse diese doofen Ohrstöpsel. Man muss die ganz teuren kaufen, wenn man auch alles hören will. Diejenigen, die gratis verteilt werden, schlucken viel weg. Das nervt.

Viel Spass bei Thin Lizzy, sind auch nimmer die jüngsten. :-)
turntable - 8. Feb, 23:30

paßt zu mir;-)
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